Diskriminierung & sexuelle Rechte
Es gibt auf internationaler sowie nationaler Ebene eine Reihe wichtiger sexueller Rechte. Sie verbieten zum Beispiel sexualisierte Gewalt oder Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung. Diese Rechte sollte jede*r kennen.
Die sexuelle Orientierung ist rechtlich geschützt
Seit Februar 2020 ist die Diskriminierung und der Aufruf zu Hass aufgrund der sexuellen Orientierung gesetzlich verboten. Das heisst: Beleidigt dich jemand öffentlich aufgrund deiner sexuellen Orientierung, muss diese Person mit einer Strafe rechnen. Gleiches gilt, wenn dich jemand aufgrund deiner sexuellen Orientierung den Eintritt in einen öffentlichen Club, ein Restaurant, ein Schwimmbad oder andere öffentliche Orte verbietet. Ebenso, wenn dich die Bäckerin, der Banker oder die Versicherungsfachperson deshalb nicht bedienen will.
Jede*r hat ein Recht auf (keinen) Sex
In der Schweiz besteht ein Recht auf sexuelle Beziehungen. Diese darf dir niemand verbieten. Aber es gibt gewisse Regeln: Bis zum 16. Geburtstag gilt das Schutzalter. Vorher dürfen Sexualpartner*innen höchstens drei Jahre Altersunterschied aufweisen, sonst macht sich der*die Ältere strafbar. Ab 16 Jahren ist die sexuelle Volljährigkeit gegeben und die Altersregel entfällt.
Verboten ist Sex anschliessend nur, wenn jemand in einem «Abhängigkeitsverhältnis» zur anderen Person steht. Also zum Beispiel darf eine Lehrperson keinen Sex mit seinen*ihren Schüler*innen haben.
Für Sex braucht es Zustimmung
Die Schweiz hat 2017 die sogenannte Instanbul-Konvention ratifiziert. Darin hält der Europarat fest, dass das Einverständnis Grundlage für sexuelle Handlungen sein muss. Das heisst umgekehrt: Ohne Zustimmung kein Sex – oder: nur Ja heisst Ja.
Hast du keine Lust, ist es dein Recht, Nein zu sagen. Dabei ist egal, ob du mit der anderen Person in die Wohnung gegangen oder du bereits ausgezogen bist: Wenn es sich falsch anfühlt, darfst und sollst du das jederzeit äussern. Sex muss immer einverständlich erfolgen. Oft wird hier von «Consent» gesprochen, was so viel heisst wie «Einverständnis» oder «Zustimmung».
Nur Ja heisst Ja? Im Gesetz nicht.
Im Schweizer Strafrecht gilt seit dem 1. Juli 2024 «Nein heisst Nein».
Seit der Anpassung des Schweizer Strafrechts gilt in der Schweiz die Ablehnungslösung «Nein heisst Nein». Zudem ist der Tatbestand Vergewaltigung neu geschlechtsneutral.
Wer keinen Sex will, muss dies zum Ausdruck bringen. Entweder, in dem er*sie «Nein» sagt, aber auch Körpersprache kann als Ablehnung gelten. Dazu gehört unter anderem auch das sogenannte «Freezing». So wird die Schockstarre genannt, in die viele Opfer verfallen – weshalb sich nicht alle gegen die Vergewaltigung wehren können.
Die Schweiz geht mit der Ablehnungslösung weniger weit als andere Länder: In 14 europäischen Staaten besteht heute ein Gesetz auf der Grundlage von «Nur Ja heisst Ja».
Luzern schaut hin
Für ein Luzern ohne Sexismus und Queerfeindlichkeit! (luzernschauthin.ch)
Du bist betroffen von Sexismus, queerfeindlicher und sexualisierter Belästigung oder hast dies beobachtet? Dann kannst du Meldung erstatten. Dies dient dazu, in Zukunft gezielt Massnahmen zur Prävention abzuleiten.
Sexualisierte Gewalt
Sexualisierte Gewalt, zum Beispiel in Form einer Vergewaltigung, ist verboten. Die meisten Vergewaltigungen passieren in Partnerschaften und in der Ehe. Der Glaube, dass Sex zwischen Ehepartner*innen immer einverständlich geschieht, ist falsch. Auch in langjährigen Beziehungen braucht es immer das Einverständnis beider.
Wurdest du Opfer eines sexuellen Übergriffs? Sexuelle Gesundheit Schweiz liefert Informationen für den Notfall:
Sexuelle Belästigung
Ebenso ist sexuelle Belästigung verboten, jedoch ist diese noch weiter verbreitet als sexualisierte Gewalt. Beispiele aus der digitalen Welt sind etwa Dick Pics in einem Chat, oder im Alltag am Arbeitsplatz anzügliche Bemerkungen gegenüber Frauen.
Wirst du sexuell belästigt oder diskriminiert? Sexuelle Gesundheit Schweiz liefert Informationen für den Notfall:
Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung
Ebenfalls verboten ist Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung oder der Geschlechtsidentität. Verbale Angriffe auf schwule Paare oder andere Mitglieder der LGBTIQ-Community passieren leider weiterhin sehr häufig. Gemäss Gesetz ist dies strafbar.
Wichtig ist bei all diesen Grenzüberschreitungen, dass sich Betroffene zur Wehr setzen. Informiere deine*n Vorgesetzte*n, wenn du dich bei der Arbeit belästigt fühlst. Melde dich bei der Opfermeldestelle oder schalte notfalls die Polizei ein, wenn dich jemand wegen deiner sexuellen Orientierung angreift. Melde den Vorfall gegebenenfalls bei der LGBTIQ-Helpline. Du kannst dort anonym anrufen. Vorfälle von sexualisierter Gewalt gegen die Queer-Community werden gesammelt und dokumentiert.
So zeigst du Zivil-Courage
Bist du nicht selbst betroffen, erlebst aber sexualisierte Gewalt, sexuelle Belästigung oder Diskriminierung gegen andere? Zeige nach Möglichkeit Zivil-Courage, indem du der betroffenen Person zur Seite stehst oder die Polizei verständigst.
HIV: Zwischen Privatsphäre und Verantwortung
Wenn du HIV-positiv bist, so ist das deine Privatsache. Gemäss Arbeitsrecht musst du beispielsweise deine*n Vorgesetzte*n nicht darüber informieren. Falls deine Arbeitsfähigkeit eingeschränkt ist, musst du dies deiner*m (zukünftigen) Arbeitgeber*in zwar melden, den Grund für die Einschränkung musst du aber nicht explizit nennen. Es ist sogar erlaubt, eine explizite Frage des*r Vorgesetzten mit Nein zu beantworten. Offenlegen solltest du deinen HIV-Status nur beim Neuabschluss einer Kranken- oder Lebensversicherung, sowie gegenüber deiner*m Hausarzt*ärztin. Zahnarzt*ärztin, Physiotherapeut*in oder anderes medizinisches Personal, das nichts mit der Behandlung der Infektion zu tun hat, müssen nicht informiert werden.
Auch deine Sexualpartner*innen musst du nicht über Ihre HIV-Infektion informieren – so lange du die Safer-Sex-Regeln beachtest oder unter wirksamer Therapie stehst. Anders ist es, wenn das Kondom reisst und du nicht medikamentös behandelt wirst. In diesem Fall machst du dich strafbar, wenn du deine*n Partner*in nicht informierst. Er*Sie soll sich beim Abrutschen / Reissen eines Kondoms oder bei ungeschütztem vaginalen oder analen Verkehr umgehend einer Post-Expositions-Prophylaxe (PEP) unterziehen.
Wenn du dich als Mensch mit HIV gegenüber einer Person outest, ist das eine geschützte Information. Es braucht Vertrauen, sich einer Person mitzuteilen. Es kann helfen, wenn du dir für ein solches Gespräch eine Drittperson vom Fach dazu holst, die dich unterstützt und fachliche Fragen klären kann. S&X bietet solche Gesprächsbegleitungen an. Dein Gegenüber darf ohne dein Einverständnis niemandem davon erzählen, sonst drohen rechtliche Konsequenzen. Darüber informierst du die Person am besten im gleichen Gespräch, denn vielen ist dies nicht bewusst.
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